Am 29./30. November findet das fünfte Gipfeltreffen der Afrikanischen Union(AU) und der EU in Abidjan in der Elfenbeinküste statt, dieses Jahr unter dem Motto „Beschäftigung für die Jugend in Afrika“. Wenn die EU das Thema ernst meint, muss sie die Handelsbeziehungen zwischen den beiden Kontinenten oben auf die Agenda setzen. Denn die geplanten und teilweise bereits abgeschlossenen Handelsabkommen schaden den afrikanischen Ländern.
Seit fünfzehn Jahren drängt die EU auf den Abschluss sogenannter Wirtschaftspartnerschaftsabkommen (Economic Partnership Agreements, kurz: EPA) mit sieben regionalen Zusammenschlüssen in Afrika, in der Karibik und im pazifischen Raum (AKP-Staaten). Diese Verträge laufen den entwicklungspolitischen Bemühungen zuwider, denn sie setzen auf eine weitreichende Liberalisierung und Marktöffnung, die es den Ländern fast unmöglich macht, eigene nationale und regionale Binnenmärkte aufzubauen. Besonders umstritten ist die Öffnung der afrikanischen Märkte für europäische Importe um 75 und 82 Prozent in den nächsten 20 Jahren. Sie wird unter anderem dazu führen, dass Staatseinnahmen verloren gehen und einheimische Produkte (noch stärker) mit Importen aus der EU konkurrieren müssen.
Trotz des Widerstands der Zivilgesellschaft haben einzelne afrikanische Länder sogenannte Interimsabkommen unterzeichnet und ratifiziert. Und das nicht zuletzt auch aufgrund von Drohungen der EU, den betroffenen Ländern den bevorzugten Marktzugang zur EU zu entziehen. 2016 ist etwa das EPA zwischen der EU und der Entwicklungsgemeinschaft des südlichen Afrika (Southern African Development Community, kurz SADC) in Kraft getreten. Das Abkommen enthält viele Bestimmungen, die die Handlungsspielräume der SADC-Länder einschränken. So können die Länder im Rahmen des EPAs nur noch sehr eingeschränkt Exportsteuern verhängen, obwohl diese von der Welthandelsorganisation WTO erlaubt sind. Exportsteuern auf Rohstoffe generieren mehr Einnahmen für den jeweiligen Staatshaushalt und schaffen zudem Anreize dafür, dass die Rohstoffe nicht exportiert, sondern im eigenen Land weiter verarbeitet werden. Nach wie vor ist der rohstoffreiche Süden in erster Linie Lieferant für die Unternehmen im Globalen Norden. Mit den Einschränkungen behindern die EPAs die Steigerung der Wertschöpfung in den afrikanischen Staaten.
Bei ihrem Treffen mit der Zivilgesellschaft im Vorfeld des G20-Gipfels am 19. Juni 2017 hat Bundeskanzlerin Angela Merkel eingestanden, dass einige der Handelsabkommen zwischen der EU und afrikanischen Staaten „nicht richtig“ seien.[1] Sie stellte in Aussicht, dass auf dem EU-Afrika-Gipfel im November 2017 über eine Neuverhandlung dieser Abkommen geredet werde.
Nun schlägt die Stunde der Wahrheit! Merkel muss Wort halten und sich dafür einsetzen, dass die Handelsabkommen auf die Agenda des EU-Afrika-Gipfels kommen und neu ausgerichtet werden: Die Interimsabkommen dürfen nicht implementiert und die EPA-Verhandlungen müssen gestoppt werden. Handelsabkommen zwischen der EU und den afrikanischen Ländern müssen die Wertschöpfung und lokale Märkte in Afrika fördern und müssen auf Augenhöhe und unter Einbeziehung der Zivilgesellschaft verhandelt werden. Ohne einen Neuanfang der Handelsbeziehungen zwischen der EU und den afrikanischen Staaten ist alles Gerede um partnerschaftliche Beziehungen und die Schaffung von Perspektiven für die Jugend in Afrika nur heiße Luft.
1] https://www.g20.org/Content/DE/AudioVideo/2017/Video/_streaming/2017-06-19-streaming-merkel-c20-dialogforum-OT/2017-06-19-streaming-merkel-c20-dialogforum-OT.html?nn=2186570 (ab Minute 42)
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