Mit 1,3 Milliarden Euro erreichte der Faire Handel in Deutschland 2016 ein neues Umsatzhoch und setzt damit seinen Wachstumskurs fort. Doch der Druck auf Produzent*innen durch schwankende Weltmarktpreise, erschwerte klimatische Bedingungen sowie asymmetrische Machtverhältnisse im Welthandel verdeutlichen die Notwendigkeit der politischen Arbeit der Fair-Handels-Bewegung. Das gab heute das Forum Fairer Handel auf seiner Jahrespressekonferenz bekannt.
Im Geschäftsjahr 2016 setzte der Faire Handel in Deutschland seinen Wachstumskurs fort. Dank einer Steigerung von 14 % gegenüber 2015 erreichte der Gesamtumsatz zu geschätzten Endverbraucherpreisen mit 1,3 Milliarden Euro eine neue Höchstmarke. Das entspricht einer Verdoppelung innerhalb der letzten vier Jahre. Mit 1,05 Milliarden Euro trägt das Fairtrade-Produktsiegel den größten Anteil am Umsatz. Bei den anerkannten Fair-Handels-Importeuren wurden im vergangenen Jahr fair gehandelte Waren im Wert von 190 Millionen Euro verkauft. Die Weltläden und Weltgruppen haben im Jahr 2016 fair gehandelte Waren im Wert von 77 Millionen Euro vertrieben. Der Umsatz mit fair gehandelten Produkten aus Europa, wie Naturland Fair zertifizierte Milch und Brot, erreichte 67 Millionen Euro.
Spitzenreiter Kaffee verdeutlicht Vorzüge des Fairen Handels
Mit einem Anteil von 36 % am Gesamtumsatz hält Kaffee weiterhin die Spitzenposition im Fairen Handel. Der Absatz von fair gehandeltem Röstkaffee in Deutschland wächst kontinuierlich (+ 22 % gegenüber 2015). Allerdings liegt dessen Marktanteil in Deutschland insgesamt bei nur 4,4 %. Ein Blick auf dieses Produkt verdeutlicht die Vorzüge des Fairen Handels aus Sicht der Produzent*innen: Im Februar 2016 lag der Weltmarktpreis für Kaffee auf einem Tiefstand von 110 US Cents pro Pfund. Für fair gehandelten Kaffee greift in dieser Situation ein garantierter Mindestpreis, der über diesem Weltmarktpreis liegt. Auch bei der Anpassung an den Klimawandel und dessen Bekämpfung werden die Produzent*innen im Fairen Handel unterstützt, beispielsweise durch Beratung zum Aufbau nachhaltiger Anbaumethoden.
"Doch die große Mehrheit der Kaffeebäuer*innen ist den Schwankungen von Weltmarkt und Klima ausgesetzt. Das zeigt, dass die politische Arbeit der Fair- Handels-Bewegung wichtiger ist denn je, um weltweit faire Arbeits- und Produktionsbedingungen zu erreichen.", so Manuel Blendin, Geschäftsführer des Forum Fairer Handel.
Politische Forderungen des Fairen Handels zur Bundestagswahl 2017
Anlässlich der Bundestagswahl im September hat das Forum Fairer Handel zusammen mit dem Weltladen-Dachverband drei Visionen für die Zukunft formuliert: Faire Arbeitsbedingungen weltweit; eine bäuerliche Landwirtschaft, die alle Menschen ernährt; menschenwürdiger Umgang mit allen. Mit diesen Visionen setzen das Forum Fairer Handel und der Weltladen-Dachverband denjenigen, die mit negativen Bildern Ängste schüren, den Entwurf eines menschenwürdigen Lebens für alle weltweit entgegen. Zu jeder Vision wurden politische Forderungen an die nächste Bundesregierung formuliert, darunter die nach einem fairen Handel statt Freihandel.
"Derzeit fordern hochrangige Politiker diesseits und jenseits des Atlantiks gerne fairen Handel, verstehen darunter jedoch Protektionismus oder Freihandel. Aus Sicht des Forum Fairer Handel wäre ein demokratisches und transparentes Welthandelssystem fair, das Menschen- und Umweltrechtsabkommen über Handelsverträge stellt.", erläutert Manuel Blendin. Die sogenannten Wirtschaftspartnerschaftsabkommen (EPAs) zwischen der Europäischen Union und den Ländern Afrikas, der Karibik und des Pazifiks (AKP-Staaten) entsprechen einer Freihandelslogik und laufen entwicklungspolitischen Bemühungen zuwider.
Forderungen zu den Wirtschaftspartnerschaftsabkommen mit Afrika
Die EPAs machen es den AKP-Staaten fast unmöglich, eigene nationale und regionale Binnenmärkte aufzubauen und die Wertschöpfung vor Ort zu steigern.
Bundeskanzlerin Angela Merkel hat selbst eingestanden, dass einige der Handelsabkommen zwischen der EU und afrikanischen Staaten in die falsche Richtung gehen. Mit Blick auf den EU-Afrika-Gipfel im kommenden Herbst hat sie Neuverhandlungen in Aussicht gestellt. Im Falle ihrer Wiederwahl muss sie sich in der EU für ein umfassendes Moratorium für die Handelsabkommen mit den AKP-Staaten und ein neues Verhandlungsmandat einsetzen. „Abkommen zwischen der EU und den Ländern des Globalen Südens müssen die Wertschöpfung und lokale Märkte vor Ort fördern und auf Augenhöhe und unter Einbeziehung der Zivilgesellschaft verhandelt werden. Zudem müssen sie kohärent mit den nachhaltigen Entwicklungszielen der Vereinten Nationen sein.", betont Manuel Blendin.
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