Steuerliche Anreize für fairen Kaffeekonsum?

Wie könnte eine Abschaffung der Kaffeesteuer für fair gehandelten Kaffee konkret aussehen? Darüber diskutierten Prof. Dr. Bachmann (Rat für nachhaltige Entwicklung), Albert Darboven (J.J.Darboven GmbH & Co. KG), Johannes Grün (Brot für die Welt), Prof. Dr. Stefan Klinski (Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin),  Claudia Brück (TransFair e.V.) und Manuel Blendin (Forum Fairer Handel) bei einer Podiumsdiskussion am 26. Juni in der Kolumbianischen Botschaft in Berlin. 

Steuererleichterung für fair gehandelten Kaffee: Warum eigentlich?

Nicht einmal fünf von 100 Tassen in Deutschland sind fair gehandelt. Wie könnte der Anteil an fairem Kaffee erhöht werden, damit die Produzent*innen im Süden noch mehr profitieren können? Ein Lösungsvorschlag: Fair gehandelter Kaffee wird von der Kaffeesteuer befreit. Damit würde der Kaffee billiger und die Nachfrage nach fair gehandeltem Kaffee größer. Albert Darboven, Geschäftsführer der Kaffeerösterei J.J.Darboven, ist von dem Ansatz überzeugt: "Wenn fairer Kaffee von der Steuer befreit würde, könnte der Absatz verdoppelt werden".

Die Idee einer Förderung fairen Kaffeekonsums durch steuerliche Anreize ist nicht neu, wie Claudia Brück, Vorstand für Kommunikation und Politik bei TransFair, auf der Podiumsdiskussion berichtete. Bereits 2014 stellte Hamburg hierzu einen Antrag im Bundesrat. Dieser wurde zwar abgelehnt – durch eine Petition von TransFair  und einen entsprechenden Vorstoß von Bundesentwicklungsminister Gerd Müller Anfang April 2018 hat die Debatte jedoch erneut an politischer Aktualität gewonnen.

Unterschiedliche Ansätze zur Umsetzung der Kaffeesteuer

Wie aber kann die Idee umgesetzt werden? Hierzu gibt es unterschiedliche Konzepte, welche Manuel Blendin in der Podiumsdiskussion kurz erläuterte

  1. Der in der Diskussion prominenteste Ansatz befreit Kaffee, der nach Fair-Handels-Kriterien angebaut wird, von der Kaffeesteuer. Die zugrunde liegenden Kriterien könnten auf der international abgestimmten Fair-Handels-Definition beruhen. Dazu gehört beispielsweise ein Mindestpreis, Vorfinanzierung und langfristige Handelsbeziehungen. Für eine Steuervergünstigung bedürfen diese einer staatlichen Überprüfung (also einer Zertifizierung der Zertifizierer). Die Ersparnis sollte das Unternehmen dann an die Kund*innen weitergeben – der Kaffee wird günstiger.
  2. Ein zweiter Ansatz befreit Kaffee von Unternehmen, die bestimmte Investitionen im Ursprung vornehmen, von der Kaffeesteuer.  Dazu könnten etwa ertrags- oder qualitätssteigernde Maßnahmen gehören, die dann wiederum die Einkommen der Kleinbäuer*innen erhöhen. In diesem Fall würde die Kaffeesteuersenkung keine direkten Auswirkungen für die Konsument*innen haben – wohl aber für die Produzent*innen. Zusätzliche Unterstützung würde Kleinbäuer*innen  in die Lage versetzen, in ihre Produktion sowie in ihre Zukunft zu investieren, um auch weiterhin hochwertigen Kaffee produzieren zu können.
  3. Zudem wäre es möglich, alle jene Kaffees von der Kaffeesteuer zu befreien, für die ein hoher Mindestpreis bezahlt würde. So könnte die ersparte Kaffeesteuer direkt an die Bäuer*innen weitergereicht und der faire Preis für Kaffee deutlich erhöht werden.

Die Podiumsteilnehmer*innen sprachen sich in der Tendenz für den ersten Ansatz aus und diskutierten hauptsächlich über diesen.

Abschaffung der Kaffeesteuer zur Erfüllung der nachhaltigen Entwicklungsziele

Die Befreiung von der Kaffeesteuer für fair gehandelten Kaffee könnte auch ein Schritt in Richtung der Verwirklichung der nachhaltigen Entwicklungsziele der Vereinten Nationen (SDG) sein – unter SDG 12 steht, dass der nachhaltige Konsum bis 2030 einen Marktanteil von 35 % erreicht haben soll. "Mit der Abschaffung der Kaffeesteuer für fair gehandelten Kaffee kann der nachhaltige Konsum in Deutschland effektiv gefördert werden", erklärte Claudia Brück bei der Podiumsdiskussion. Manuel Blendin, Geschäftsführer des Forum Fairer Handel, ergänzte: "Die Aussetzung der Kaffeesteuer für fair gehandelten Kaffee bietet eine gute Möglichkeit, jene Unternehmen zu entlasten, die die wahren sozialen und ökologischen Kosten von Kaffee bereits in ihr Produkt einpreisen, anstatt die Allgemeinheit dafür aufkommen zu lassen". 

Hohe Standards als Mindestkriterium

Doch wie wird entschieden, welcher Kaffee wirklich fair gehandelt ist? So fürchtete  Johannes Grün von Brot für die Welt eine Verwässerung des Fairen Handels: „Es gibt keinen gesetzlichen Standard für ‚fair‘. Wenn die zugrunde gelegten Kriterien für eine Zertifizierung nicht hoch genug sind, wird die entwicklungspolitische Wirkung nicht erzielt“.  Manuel Blendin ergänzte: "Es sollten nur Unternehmen entlastet werden, die sich zur Einhaltung hoher sozialer Standards, beispielsweise der Zahlung definierter fairer Preise, Vorfinanzierung und einer externen Überprüfung verpflichten". 

Wie können möglichst viele profitieren?

Würde die Kaffeesteuer nur für gesiegelten, fair gehandelten Kaffee erlassen, würden nur die Produzent*innen profitieren, die bereits in Genossenschaften organisiert und zertifiziert sind, argumentierte eine Teilnehmerin aus dem Publikum. Der Investitionsansatz dagegen würde die Möglichkeit bieten, auch solche Kleinbäuer*innen zu fördern, die bisher nicht Teil des Fairen Handels sind. 

Doch um möglichst viele Kaffeebäuer*innen zu unterstützen setzten andere Teilnehmende auf gesetzliche Regelungen. "Damit alle Unternehmen verpflichtet werden, die Menschenrechte in ihren Lieferketten einzuhalten, muss der Nationale Aktionsplan für Wirtschaft und Menschenrechte (NAP) um verbindliche Regeln ergänzt werden", forderte Manuel Blendin.

Abschaffung der Kaffeesteuer als kleiner Schritt von vielen

Kaffeeproduzent*innen im Globalen Süden sollen die Nutznießer*innen der Steuererleichterung sein – darüber waren sich die Podiumsteilnehmer*innen einig. Dann kann die Abschaffung der Kaffeesteuer für fair gehandelten Kaffee ein wirksames und umsetzbares Instrument sein, um Kaffeeproduzent*innen zu fördern.  

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